Cremig, sahnig, lecker – Fabio Vittoria (54) hat einen der süßesten Jobs der Stadt:
ELMSHORNS EISMACHER VOM DIENST
Eis – von Acht bis Mitternacht
Wie hoch lassen sich Eiskugeln in einer Waffel stapeln? Fabio Vittoria hat es für uns
mit seinen Töchtern Elena (10, li.) und Lucia (8) ausprobiert. Foto: HAZ/Urbatzka
Buongiorno. Das italienische „Guten Tag“ auf den Lippen und
ein Lachen im Gesicht
und dem Besuch einer Vittoria-Eisdiele in der Krückaustadt steht nichts mehr im Weg
Natürlich geht es auch ohne Kenntnisse der fremden Sprache, aber so wie Fabio Vittoria
gern ein Stück Italien nach Elmshorn trägt, darf ein Kunde selbstverständlich umgekehrt
auch einen Hauch dieses Flairs zurückbringen. Vor nunmehr 25 Jahren trat der Eismacher
in die Fußstapfen seines Vaters Angelo. Mit der leckeren Süßspeise ist er groß geworden.
Heute hat ein Tag des aus den Dolomiten stammenden Südeuropäers mehr als 17 Stunden.
Doch sein Lachen hat der Eismann vom Dienst dennoch nicht verlernt: „Wenn alles läuft,
ist es wunderbar“, sagt er. Erfahrung hat er schließlich reichlich. Er führt das Geschäft mit
der Süßspeise bereits in dritter Generation. In Elmshorn ist Familie Vittoria seit 1961
ansässig. Mit dem Laden mitten in der Königstraße ging es los – damals noch auf der
anderen Seite der Fußgängerzone. Heute gibt es nicht nur viele Standorte in Elmshorn,
auch die Karte auf dem Tisch ist groß – allein etwa 50 verschiedene Eis-Sorten hat das
Vittoria-Team im Programm.
Senior-Chef Angelo Vittoria, heute 92 Jahre alt, mit seinen Mitarbeitern bei der
Eröffnung der Eisdiele in der Königstraße im Jahr 1961.
Die Blumen zur Feier stehen auf dem Tisch. Foto: Vittoria (privat)
Der Wecker klingelt um 6.30 Uhr. Eine Stunde später ist Vittoria bereits im Eiscafé.
Er kontrolliert die Eisproduktion, kümmert sich um alles, was in den Filialen fehlt – von
der Waffel über die Milch, die übrigens frisch aus Horst bezogen wird, bis hin zu
Servietten & Co. Das nimmt locker bis zu drei Stunden in Anspruch. Doch irgendwann
nach 10 Uhr bekommt auch der Kunde ihn zu Gesicht. Über 22 Mitarbeiter sind in den
Eisdielen zwischen Wedenkamp, City und Franzosenhof beschäftigt, doch Fabio Vittoria
zieht nach wie vor auch gern selbst die Dienstkleidung des Service-Teams an und bringt
das Eis an den Tisch. Stunde für Stunde. So vergeht die Zeit, bis es 20 Uhr ist. Aber auch
damit ist der Tag noch nicht zu Ende, es folgt die abschließende Kontrolle. Eine wichtige
Frage steht noch im Raum: „Wie wird das Wetter? Wie viel Eis soll für den nächsten Tag
produziert werden?“. Aber danach… danach ist wirklich Feierabend. Ein Blick auf die Uhr
verrät, dass es schnell 23.30 Uhr geworden ist. Doch jammern ist nicht die Art des
Fabio Vittoria. Über die viele Arbeit klagt er nicht. Manchmal wirkt er gar nicht wie ein
typischer Italiener. Sind die nicht oft temperamentvoll? Unverbindlich? Bunga Bunga?
Nein, das beschreibt Vittoria wirklich gar nicht. Er geht sogar hart mit sich ins Gericht.
Wer ihn auf seine größte Schwäche anspricht, wird hören: „Ich habe zu wenig Zeit
für die Familie.“ Auch wenn Papa für die Kinder Elena (10) und Lucia (8) sicher
einen – im wahrsten Sinne – coolen Job hat, entwickeln die jungen Damen andere
Leidenschaften, die nicht immer mit Eis zu tun haben. Papa soll doch auch einmal
einfach mit ihnen shoppen gehen. Da könnte es der Senior Angelo (92) in den
60er Jahren etwas einfacher gehabt haben. Damals war Eis schlicht ein Saisongeschäft,
im Winter ließ es sich so gut wie gar nicht verkaufen. So war die Eisdiele früher fünf
Monate im Jahr geschlossen. Stattdessen wurde vermietet. „Bei Kälte wurden
hier damals Pelzmäntel angeboten“, erinnert sich Fabio Vittoria. Doch das ist
Schnee von gestern. Die „Kaffee-Mode“, wie Vittoria sie liebevoll nennt, hat längst
Einzug gehalten. Wenn es kalt wird, stehen bei den Elmshornern Cappuccino,
Latte Macchiato oder andere Heißgetränke hoch im Kurs. Da unterscheiden die
Krückaustädter sich dann allerdings doch recht deutlich von den Südeuropäern.
Der Italiener bevorzugt Espresso und ein Glas Wasser. „Und je weiter es gen
Süden geht“, so Vittoria, „desto stärker und kleiner wird der Kaffee.“ Er lacht zwar,
das sei aber die Wahrheit. Der Familienvater ist mehrmals im Jahr in seiner Heimat,
arbeitet aber gern in Elmshorn. „Damals bin ich mit dem Zug hergekommen und habe
das Gefühl von Freiheit gehabt“, erinnert er sich. Die muss er sich als Chef nun
immer wieder bewusst machen, es ist eben manchmal viel zu tun – auch in einem der
wohl süßesten Jobs der Stadt.
Artikel: SASCHA URBATZKA
Aus "Holsteiner am Wochenende" vom 29. Juni 2013